Pfarrfest, 6. Sonntag Osterzeit (25.5.2025), Pfr. P. Arkadiusz

(An diesem Gottesdienst war die Lesung aus der Apostelgeschichte 15, 1-2 + 22-29 und das Evangelium nach Johannes 14, 23-29.)

Liebe Schwestern und Brüder,
im heutigen Evangelium haben wir vor Kurzem gehört: „Wenn jemand mich liebt, wird er mein Wort halten; mein Vater wird ihn lieben und wir werden zu ihm kommen und bei ihm Wohnung nehmen … Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe … Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht, wie die Welt ihn gibt, gebe ich ihn euch.“

Was sagt uns das in der Pfarre Gersthof an diesem besonders festlichem Tag, was aber für alle anderen Tage genauso gilt und immer, nicht nur an Festtagen wichtig ist? Alle sind herzlich eingeladen und niemand soll sich ausgeschlossen fühlen. In einer christlichen Gemeinde, die Christus liebt und sein Wort hält und die von seinem Vater geliebt wird, gibt es immer einen Platz für alle, sowohl für die, die sich gut verstehen und in der Zusammenarbeit keine Schwierigkeiten haben, als auch für die, die sich in Denken, Meinungen, Orientierungen, Sensibilität unterscheiden. Auf einer Gemeinde, die Gott liebt, zu der Gott Vater und Gott Sohn kommen und bei ihr Wohnung nehmen, ruht immer der Geist der Einheit, des Verzeihens und des Vertrauens, ein Geist, der für alle möglichen Unterscheidungen und Vielfalt ein gemeinsames Fundament legt: die Liebe Gottes und die des Nächsten.

Deshalb sind wir den Mitgliedern unseres Liturgieausschusses sehr dankbar, dass sie für diese Messe das Hochgebet „Frieden“ ausgewählt haben und dass wir damit gemeinsam um diesen Frieden beten können, den uns nur Gott geben kann und den er anders gibt als diese Welt. Denn die Welt, in der wir leben, ist keine heile Welt. Sie ist voller Sehnsucht nach Heil und Frieden. Sie ist voller Unruhe, Unverständnis, Manipulation, voller Egoismus und Verachtung. Die Konfliktsituation, von der die Lesung aus der Apostelgeschichte erzählt, ist in unseren Zeiten hochaktuell. Nach über zwei Tausend Jahren des Christentums müssen wir leider sagen, dass das, was jetzt passiert, auch in christlichen Gemeinden viel dramatischer ist als früher.

Damals lautete die Konfliktfrage: Was ist tatsächlich christlich und was nicht? Die konkrete Frage damals war, ob Menschen, die als Christen leben wollen, ohne zuvor Juden gewesen zu sein, die Regeln des jüdischen Glaubens einhalten müssen oder nicht. Und die Antwort, die eingeleitet wird mit „Der Heilige Geist und wir haben beschlossen …“ lautet vereinfacht gesagt: „Nein, es gibt ein paar wenige Regeln, ja, aber es geht wirklich nicht darum, euch, liebe christlichen Geschwister, Lasten aufzulegen.“ Gott hat uns zur Freiheit erschaffen und in Jesus Christus zu dieser Freiheit erlöst. In dieser Freiheit können wir uns täglich neu, ohne Zwang, sondern aus uns heraus für die Option der Liebe entscheiden.

Die Grundfrage „Was ist tatsächlich christlich, was nicht?“ war damals leicht zu beantworten. Heute ist dieselbe Frage oder eine ähnliche „Worauf kommt es an bei einem Leben als Christ oder Christin in der Nachfolge Jesu?“ schon sehr schwierig im Konkreten zu beantworten und noch viel schwieriger zu realisieren, weil es oft an der christlichen Fähigkeit zu Verzicht und Hingabe fehlt, wie auch die Kompromissfähigkeit oder gegenseitige Wertschätzung, die Friedens- und Verzeihenseinstellung, und die Begabung, den anderen dankbar zu sein für dass, was sie machen, auch wenn es uns scheint oder wir denken, dass wir es besser als sie gemacht hätten.

A propos: „wir“. Ich habe immer gedacht, dass „wir“ besser ist als „ich“, wenn es um die Gemeinschaft geht, was auch bedeutet: an die anderen zu denken, sie immer zu berücksichtigen und ihre Meinung zu schätzen. Und grundsätzlich stimmt es. Es gibt aber ein „wir“ im Sinne „nur wir“, was dem christlichen „wir und der Heilige Geist“ überhaupt nicht entspricht. Und noch ein Gedanke dazu: Was uns als christlichen Gemeinden wirklich schaden kann, sind nicht die externen Feinde, sondern diese inneren, die ich schon erwähnt habe, auch in Form von fehlenden Fähigkeiten.

Beten wir in diesem Pfarrfest darum, dass wir und alle Menschen sensibel werden dafür, wo Gottes Geist wirkt und uns anrührt, damit dieser Geist in allen Menschen die tiefste Sehnsucht nach Liebe und Frieden weckt, damit wir von unserer Hoffnung sprechen können und erkennen, wo wir gefragt sind mit unserem Erbarmen und unserer Liebe zu den Menschen und dieser uns anvertrauten Welt.
Amen.