Gedanken zu den Sonntags-Bibelstellen – 25.8.

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In diesem Sommer wurden Frauen und Männer aus unserer Pfarrgemeinde von Pfarrer Norbert eingeladen, vor allem in den von unserem indischen Aushilfskaplan Suresh geleiteten Samstagabendmessen ihre Gedanken zur den Lesungen des Sonntags allen Gottesdienstbesuchern vorzutragen.

Hier die Gedanken von Michael Steidl zu Hebr 12, 5-7.11-13 und Lk 13, 22-30 vom 24./25.8.:

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn,
danke, dass ich heute meine Gedanken zu den Lesungen mit Ihnen, mit euch teilen darf. Denn vielleicht ist es Ihnen jetzt beim Hören so wie mir beim Lesen der Hebräerbrief- und Evangeliumsstelle gegangen: sie klingen etwas kratzbürstig, nicht so ganz, wie man sich liebevoller Umgang miteinander vorstellt. Kurz gesagt, diese Bibelstellen schlagen emotionale Wellen. Und da ist es, denke ich, gut, miteinander darüber zu reden.

Schauen wir auf diese Stelle im Lukasevangelium. Da ist dieser eine, der die Frage nach der Anzahl der erwarteten Geretteten stellt. Man hat da so einen Verdacht wenn man das hört und kennt es aus anderen Bibelstellen: da will einer aus Jesus etwa herauskitzeln wofür man ihn dann vielleicht verurteilen kann. Aber Jesus reagiert anders als erwartet, aber das kennen wir schon aus anderen Bibelstellen. Er gibt keine Antwort, wie man sie sich auch bei einer Pressekonferenz oder einem Interview erwartet: „nach neuesten Untersuchungen werden es wohl 17,8 % der Bevölkerung sein, die gerettet werden“.

Nein, er greift wieder zu Bildern, zu Gleichnissen in denen es um menschliches Verhalten geht und die verborgene Botschaft dessen ist: es ist nicht vorbestimmt, wie hoch dieser Anteil ist, es kommt auf euch an, es kommt darauf an, was ihr aus eurem Leben macht. Darum spricht er in seiner Antwort nicht nur den Fragesteller, sondern alle an.

Aber Jesus sagt Dinge, die nicht so ganz nett zu hören sind. Er verwendet wieder das Bild vom kleinen Notdurchgang neben dem großen Stadttor – Sie kennen ja auch die Bibelstelle vom Kamel und Nadelöhr. Jesus bringt hier den Herrn des Hauses, Gott – seinen Vater, ins Spiel als einen eher abweisend wirkenden Mann. Da kommen Leute und wollen hinein, er aber antwortet „woher seid ihr“. Und Jesus legt den Einlass suchenden die Worte „wir haben doch mit dir gegessen und getrunken“ als Erwiderung in den Mund – und irgendwie können wir uns das sehr gut vorstellen, dass man so reagiert, wenn man jemanden trifft: mein weist auf das letzte Zusammensein hin.

Und dann wird Jesus auf das Ziel hinweisen, von dem wohl alle träumen: im Reich Gottes zu Tisch zu sitzen, wieder gemeinsam zu essen und zu trinken.

In diesem Wortwechsel gibt es aber eine kleine wichtige Facette. Bibelkenner weisen darauf hin, dass das „Wir haben doch mit dir gegessen und getrunken“ wortwörtlicher übersetzt eher „Wir haben von dir gegessen und getrunken“ lauten sollte, was besagt: man ist zu diesem Herrn gegangen, hat sich auftischen und es sich gut gehen lassen.

Das ist offenbar der Angelpunkt der Kritik an derartigen Lebensformen, die Jesus hier – um im Bild zu bleiben – auf den Tisch leget.

Denn Jesus zeigt schon auch klar auf, wie man leben sollte. Er sagt „Bemüht euch mit allen Kräften, durch die enge Tür zu gelangen“. In anderen, wortwörtlicheren Übersetzungen heißt es hier noch deutlicher „kämpft darum, durch das enge Tor hineinzukommen“.

Wir allen wissen, dass der Begriff „Kampf“ rasch etwas martialisch verstanden wird, als eine Auseinandersetzung mit Fäusten, mit Waffen, mit roher Gewalt. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass es eine ganze andere Verwendung dieses Begriffes gibt. „Ob die junge Frau die neue Anstellung mit vielen interessanten Aufgaben aber doch niedrigerem Gehalt annehmen soll, darum kämpfte sie mehrere Tage mit sich.“ So eine Stelle könnte aus einem Roman stammen, sie zeigt diese innere Dimension eines Kampfes auf. Es geht hier nicht darum, andere überwältigen zu müssen, sondern dass man seine eigene Unsicherheit, sein sich-im-Weg-stehen überwältigen muss. Diese innere Dimension sagt aber auch, dass man sich kritisch und ernsthaft mit seinem Leben auseinandersetzen soll.

Und hier genau hakt die Zusage Jesu ein: er forderte die Menschen damals, aber auch genauso uns heute auf, sich einem solchen Kampf, einer inneren Auseinandersetzung zu stellen und nicht uns bequem an die Tische der anderen zu setzen und nur einfach mitzuessen und mitzutrinken.

Aus vielen anderen Evangeliumsstellen müssen wir aber auch herauslesen, dass dies ein den ganzen Menschen erfassender Kampf ist – das sehen wir an Jesus selbst. Denken wir an sein Gebet im Garten Getsemani „Mein Vater, wenn es möglich ist, gehe dieser Kelch an mir vorüber“ oder an seine letzten Worte am Kreuz „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“. Hier hat sich ein Mensch – auch wenn er von Gott zu uns gesandt war – bis zu seiner letzten Stunde diesen Kampf gestellt.

Wie kann heute dieses Kämpfen ausgeführt werden? Wir können uns an Jesus, der 40 Tage in die Wüste gegangen ist, orientieren. Es können einig Tage der Stille, der Mediation, vielleicht in einem Kloster, sein. Es kann aber auch sein, dass man bewusst täglich eine Zeit aus dem Alltag heraus tritt und in sich geht.

Und da ist noch etwas, was ich von dieser Evangeliumsstelle in meinen Alltag mitnehme. Und da schließe ich mich der Predigerin vom letzten Wochenende an: das was Jesus wirklich war, ist viel vielschichtiger und rauer als wir es wahrhaben wollen. In einer nach Idealzuständen hechelnden Welt haben wir oft das Bild von Jesus als der liebe-Mann-von-nebenan aufpoliert, der uns nichts als Angenehmes tut. Allerdings ist da auch schon der Verfasser der heutigen Lesung aus dem Hebräerbrief darauf gekommen, dass das Leben so nicht funktioniert. Also er ruft gleich zur Züchtigung mit der Rute auf. Wir sollten die Wortwahl nicht überbewerten – damals war dies wahrscheinlich üblich aber heute haben wir uns von der „g’sund‘n Watschen“ verabschiedet. Der Kern der Botschaft ist jedoch: man muss aus seinem Wohlbefinden herausgerissen werden, um neue Dimensionen zu entdecken. In der heutigen Zeit heißt dieses Herausreißen vielleicht den kleinen Mädchen die Lillifee und den Buben die Ritterfiguren wegzusperren, oder jungen Leuten für ein paar Tage das Internet abzudrehen und den älteren Erwachsenen ihr geliebtes Bierchen oder das gute Glaserl Wein zu entziehen. Wir brauchen solche Anstöße um aufmerksam zu werden. Das mag durchaus auch ein Grund dafür sein, dass Jesus immer wieder seine Botschaft auch etwas kratzbürstig vermittelt. Und ich finde, das ist gut so.

Michael Steidl

Eine Übersicht der Nachlesen ist hier zu finden.