Gott schreibt auch auf krummen Zeilen gerade!

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Liebe Schwestern und Brüder,

in der Überschrift habe ich an eine theologische Weisheit erinnert, die uns bis heute als gläubige Redewendung in verschiedenen Lebensgeschichten begegnet, unseren tiefen Sehnsüchten entspricht und uns ermutigt, sie auch in unserem persönlichen Leben Platz zu finden zu lassen. Wie oft vorläuft nämlich unser Leben ganz anders, auf ziemlich krummeren Wegen, als wir es uns ausgedacht haben. Es geht nicht nur um einzelne Situationen und Ereignisse, sondern auch um die gesamte Lebensgeschichte, die in eine ganz andere Richtung gehen kann, als wir es geplant haben. Wenn wir zurückdenken an das, was wir selbst gedacht oder uns vorgenommen haben, dann stehen wir überrascht oder sogar erschrocken vor der Frage: Wie war das möglich? Was für einen Sinn soll das alles haben?

Im Laufe der Zeit vergessen wir Antworten auf diese Fragen zu finden, sondern möchten uns auf die neue und unvorhergesehene Wirklichkeit einlassen, das Gute daran sehen und vor allem erneut unser Leben  meistern. Natürlich und zurecht beziehen sich in unserer Zeit diese Gedanken auch auf die Coronakrise. Obwohl diese Pandemie sehr einschneidend ist und oft die Gesundheit oder die Existenz von uns Menschen kostet, dürfen wir nicht vergessen, dass es in unserem Leben um viel mehr geht als nur um dieses eine Ereignis. Unser Leben verläuft nämlich durch viele geplante und ungeplante Situationen hindurch, die offensichtlich oft unserem Zugriff entzogen sind, die aber Einer immer zum Guten wenden kann. Mit der Zeit sehen und verstehen wir das immer deutlicher.

Was uns bei diesem Verstehen stören und es sogar verhindern kann, ist das ständige Vergleichen. Das ist eine Art des Nicht-akzeptierens, ein innerer Widerstand. Sie werden zur Quelle von Leid, Unruhe, Zwiespalt und tiefem Zweifel. Die einzige Möglichkeit, das zu vermeiden, in all dem die Hoffnung nicht zu verlieren und uns nicht über die Wirklichkeit des Lebens zu grämen, kommt von unserem Glauben: Es gibt Einen, der auch auf noch so krummen Zeilen gerade schreiben kann. Der Hl. Augustinus formulierte es so: „Den Sprung ins Ungewisse … wagen und sich ganz Gott … überlassen.“ Auf diesen Gott, der sich in einer langen Glaubensgeschichte bereits als treu erwiesen hat, dürfen auch wir uns verlassen. Darauf sollten wir ganz besonders in den Momenten setzen, in denen unser Kopf nichts versteht, unser Herz nur weint und unsere Seele sich auf eine tröstliche Ruhe hin zu öffnen versucht, die nur von Gott kommen kann.

Besonders die Lebensgeschichten von vielen biblischen Personen zeigen, dass der Herr der Welt sogar aus Schwachheiten, Fehlern, falschen Entscheidungen, Sünden und allen Widrigkeiten des Lebens das Gute ziehen, es gelingen lassen und auf eine gänzlich unerwartete Weise allem einen Sinn zu geben vermag. Treffend hat das Dietrich Bonhoeffer so auf den Punkt gebracht: „Ich glaube, dass auch unsere Fehler und Irrtümer nicht vergeblich sind, und dass es für Gott … nicht schwerer ist, mit ihnen fertig zu werden als mit unseren vermeintlichen Guttaten…“.

In diesem Sinne möchte ich Ihnen versichern: Fürchtet euch nicht, weil Jesus Christus in und mit seiner Kirche bei uns bleibt bis ans Ende der Welt. Habt Mut, weil Gott sogar auf unerhört krummen Zeilen des Lebens unwahrscheinlich gerade schreibt! Diese beglückende Erfahrung wünsche ich immer uns allen, besonders in dieser schwierigen Zeit.

Ihr Arkadiusz Zakreta CM