Dieser Text ist die Predigt von Pfarrer Norbert Rodt in der Christmette und in der Messe am Vormittag des 25. Dezember 2018.
Kein Ultraschallbild, kein Mutter-Kind-Pass, kein erster Schrei, keine Geburtsurkunde gibt es von Joschuah, geboren in Betlehem, selbst das Jahr ist nicht sicher, aufgewachsen in Nazareth, lebend an der Pheripherie des römischen Reiches.
Kritiker und Skeptiker zweifeln sogar an seiner Historizität, hinterfragen seine Existenz, verlangen Beweise für den Sohn Gottes!
Unerschütterlich ist der Glaube der Christinnen und Christen weltweit, dass Gott Mensch geworden ist. In Jesus von Nazareth ist der grenzenlos große Gott ein Kind geworden.
„Kein anderer Abschnitt im Leben eines Menschen ist so bestimmt von Ohnmacht und Angewiesenheit auf andere wie die Zeit des Kindseins. Vom ersten Augenblick seines Daseins an, von der Geburt bis zum allmählichen Hineinwachsen in Familie und Gesellschaft, bleibt ein Kind ausgeliefert und preisgegeben, existentiell abhängig von anderen. Dieses Geschick eines Kindes teilt auch Gott in seiner Ankunft als Kind:
Ein Gott, der ohnmächtig ist wie ein Kind, der sich der Fürsorge des Menschen ausliefert. Gott kommt als Kind …. Er will angewiesen sein auf unser Erbarmen und unsere Zuneigung, auf unsere Sorge und Liebe. Als Kind bettelt er förmlich um unsere Zuwendung und Anerkennung. Die größte Macht – Gott selbst – erscheint als äußerste Ohnmacht. Wenn wir zu ihm, zu Gottes Ankunft als ein Kind JA sagen – was wir jedes Jahr zu Weihnachten feiern – dann müssen wir auch JA sagen zu den vielen, in gleicher Ohnmacht und Angewiesenheit existieren wie dieses Kind und alle Kinder dieser Welt“. (1)
Die Feier von Weihnachten ist auch die Bejahung des grenzenlosen Gottes gegenüber seinem begrenzten Geschöpf, des Menschen; oder anders ausgesagt: der große Gott liebt, bevorzugt das Kleine. In dieser Spur Gottes geht und lebt der nun im 83. Lebensjahr stehende Papst Franziskus: „ Gerade heute, in einer Welt, die immer komplexer und leistungsorientierter zu werden scheint, lädt er nicht nur die Getauften, sondern „alle Menschen guten Willens“ ein, „die Einfachheit zu suchen, die Zuneigung, die kleinen Aufmerksamkeiten, das Dienen, das Danken, das Stauen zu suchen …“ (2)
Weihnachten im 18. Jahr des 21. Jahrhunderts soll deshalb als „Stille, heilige Nacht“ gefeiert werden – vertonte Worte, die sein 200 Jahren erklingen, sogar weltweit!
Andere gewichtige, daher wuchtige Worte will ich als Wünsche uns allen widmen:
„Ich wünsche Augen, die die kleinen Dinge des Alltags wahrnehmen und ins rechte Licht rücken,
ich wünsche Ohren, die die Schwingungen und Untertöne im Gespräch aufnehmen;
ich wünsche Hände, die nicht lange überlegen, ob sie helfen und gut sein sollen;
ich wünsche zur rechten Zeit das richtige Wort,
ich wünsche ein liebendes Herz, das zum Begleiten veranlasst, damit überall wo einer/eine von uns ist, Friede einzieht;
ich wünsche Freude, Liebe, Glück, Zuversicht, Gelassenheit, Demut.
Ich wünsche Güte – all das sind Eigenschaften, die das eigene Ich das werden lassen, was in jedem Menschen angelegt ist, jeden Tag ein wenig mehr: Denn Wachstum braucht Frieden.
Ich wünsche genügend Erholung und ausreichend Schlaf, Arbeit , die Freude macht, Menschen, die einander mögen und bejahen und auch Mut machen; aber auch Menschen, die einander bestätigen, die anregen und motivieren und Vorbild sein können; die weiterhelfen, wenn einer/eine traurig und müde und erschöpft ist.
All das wünsche ich“ (3) als Gabe des Christuskindes.
Denn Gott ist in ihnen, in dir und in mir zur Welt gekommen, Mensch geworden! Gott sei Dank, dass er jeden Menschen in der Botschaft der heiligen Nacht anspricht, einen neuen Anfang des Menschseins zu wagen.
Quellenvermerke:
1) Vgl. P. Andreas Petith OMI, in: Bote von Maria Taferl, Dezember 2018, p. 3
2) Vgl. Nachrichten der Kleinen Schwestern Jesu 2018, p. 2
3) Vgl. b Marianum, Schulgottesdienst, 21.12.2018